Testbericht

Netzwerk-Spieler Meridian Sooloos Ensemble + Control TEN

31.8.2010 von Frank Oliver Grün

Musik von der Festplatte vermittelt wenig Faszination. Nicht so mit Sooloos: Das Server-System Ensemble + Control TEN (9300 Euro) von Meridian macht Netzwerken zum sinnlichen Erlebnis.

ca. 6:45 Min
Testbericht
Netzwerk-Spieler Meridian Sooloos Ensemble + Control 10
Netzwerk-Spieler Meridian Sooloos Ensemble + Control 10
© Archiv

Cover durchblättern, Album auswählen und Play-Taste drücken: So einfach war HiFi, bevor es Festplatten, Netzwerke und MP3-Dateien gab. Heute verbringen viele CD-Fans mehr Zeit mit dem Rippen, Archivieren und Verschlagworten ihrer Sammlung als mit dem reinen Musikhören - und finden in der Fülle der Daten ein bestimmtes Album oft mühsamer als früher im Plattenschrank.


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Die Steuerung von Sooloos ist auch übers iPhone oder einen iPod Touch per Interet-Browser erreichbar.
© Archiv

Dabei könnte alles so einfach sein: Cover durchblättern, Album auswählen, Play-Taste drücken. Sooloos, das ultimative Audio-System von Meridian, macht's möglich. Vorausgesetzt, der solvente Kunde gönnt sich das Aluminium-Pult Control 10 zum Preis von 5250 Euro. Auf dessen stattlichem Touchscreen ist die Navigation ein Kinderspiel: Plattencover bauen sich in Sekundenbruchteilen auf, die Auswahl lässt sich mit wenigen Handgriffen eingrenzen: etwa nach den beteiligten Künstlern, dem Jahr der Aufnahme oder nach einer musikalischen Stimmung.

Das Beste dabei: Die Informationen, mit denen Sooloos seine Auswahl trifft, muss der Besitzer nicht selbst eingeben. Übers Internet greift das System auf die Datenbanken von "All Music Guide" (AMG) zu und lädt so genannte Metadaten auf seine Festplatte. Das können Musikverwalter wie iTunes oder der Windows Media Player zwar auch. Aber welches andere System weiß schon auf Anhieb, auf welchen Alben ein bestimmter Gitarrist sonst noch zu hören ist? Weil keine CD-Datenbank die häusliche Sammlung so gut kennt wie man selbst, lassen sich die Metadaten per Bildschirmtastatur oder am PC jederzeit ergänzen und bei Bedarf natürlich auch korrigieren. 

Kleiner Wermutstropfen: Sooloos versteht leider nur Englisch. Während die Funktionen "Play", "Pause" und "Swim" (so heißt hier die Zufallstitelwiedergabe) noch jedermann leicht von der Hand gehen, kann die Auswahl von Stimmungen a la "Boisterous" (heftig) oder  "Cathartic" (reinigend) mit begrenzten Fremdsprachenkenntnissen schon zur Herausforderung werden. Glücklicherweise muss niemand so weit ins System eintauchen: Meist reicht es, sich von Sooloos ein paar Vorschläge machen zu lassen, die musikalisch zur gerade eben ausgewählten Platte passen.

Mit der neuesten Software-Version 2.0, die stereoplay im Test hatte, ist der elektronische Bibliothekar auch zum Klassik-Kenner geworden: Er sucht auf der gespeicherten CD nach gemeinsamen Bezeichnungen innerhalb der Aufnahme und stellt sie als Untertitel des klassischen Werkes dar. Die Sätze einer Sinfonie spuken so nicht als Solo- Titel im Archiv herum und werden "gapless" wiedergegeben, also ohne Pause. Das geht nur mit Systemen, die Klassik-Stücke nicht genauso behandeln wie Rock-Songs.

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Die einfachste Art der Navigation läuft über Titelbilder. Sie lassen sich nach Albumname, Künstler oder Importdatum sortieren.
© Archiv

Bedienung und Cover-Anzeige am Control 10 sind freilich nur ein Teil von Sooloos, gewissermaßen die Fernbedienung. Zwar lässt sich das Display über einen koaxialen Digitalausgang auch direkt mit der HiFi-Anlage verbinden, eigentlich gibt es zu diesem Zweck aber diverse Clients (siehe Lexikon unten). Sie stellen mit ihren analogen Cinch-Ausgängen die Brücke zur Anlage her.

So ein Client kann direkt beim Verstärker stehen, während das Display in Reichweite des Hörplatzes postiert wird. Ein Digitalausgang erlaubt den Betrieb an Geräten mit SPDIF-Eingang, etwa einem AV-Receiver, oder den Anschluss eines externen Wandler-Bausteins. Außerdem gibt es den für Meridian typischen SpeakerLink - zur Verbindung mit aktiven DSP-Lautsprechern des britischen Herstellers. Sooloos und zwei DSP-Boxen ergänzen sich damit zu einem komplett digitalen HiFi-System: Musik fließt ohne D/A-Wandlung von der Festplatte bis in die Lautsprecher.

Apropos Festplatte: Die eigentliche Musik-Bibliothek ist in einem Server unergebracht, der sich entweder im selben Gehäuse wie der Client befindet - diese Kombination heißt dann "Ensemble" - oder in einem reinrassigen Server-Baustein. Der separate Server hat den Vorteil, dass er samt Lüftergeräusch in einen Nebenraum verbannt werden kann - und vollautomatisch Backups aller Daten auf einer zweiten Terabyte-Platte im Gehäuse anlegt.Dafür schraubt er den Preis in die Höhe: von rund 4000 Euro für ein Ensemble auf über 7500 Euro für die günstigste Client/Server-Kombination.

Sooloos-Einsteiger werden sich deshalb meist für ein Ensemble entscheiden. Zumal sich das System nachträglich erweitern lässt: Alle Komponenten nehmen über den häuslichen Router Kontakt miteinander auf. Jedes neue Gerät muss nur per Ethernet-Kabel mit dem Netzwerk verbunden werden, es findet seine Kollegen von alleine und ist binnen Sekunden betriebsbereit.

Wer auf die opulente Grafik und Funktionsvielfalt des Control 10 verzichten kann, der steuert Sooloos per Firefox, Safari oder Internet-Explorer am Computer. Die IP-Adresse des Musik-Servers wird dazu einfach in die Browserzeile eingegeben. Hängen Lautsprecher am PC oder Mac, lassen sich diese ebenfalls für die Musikwiedergabe nutzen. Der Computer greift dabei wie ein Client auf die Sooloos-Festplatte(n) zu. Das Web-Interface ist für ein System dieser Preisklasse etwas schlicht geraten, erfüllt aber seinen Zweck.

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Die automatisch aus dem Internet abgerufenen Daten zu allen CDs lassen sich bis ins kleinste Detail bearbeiten.
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Auch Import und Export von Musik-Dateien verlangen wenig Computerwissen. Beim Aufruf der Import-Funktion über das Web-Interface fordert Sooloos seinen Besitzer auf, die passende Steuersoftware (Control PC oder Control Mac) aus dem Internet herunterzuladen und zu installieren.

Danach lassen sich Dateien in den Formaten AAC, Apple Lossless, MP3, FLAC und WAV der Bibliothek hinzufügen. Laut Meridian beherrscht Sooloos die Wiedergabe hochauflösender Audio-Daten mit bis zu 24_Bit und 192 Kilohertz. Allerdings liefen im Test die "Symphonic Dances" von Sergej Rachmaninoff (Eiji Oue, HRx Reference Recording), die der Linn Akurate DS als 24 Bit / 176,4 kHz identifizierte und anstandslos spielte, auf dem Meridian-System nicht. Das Studio-Master von Carol Kidds "Then I'll Be Tired Of You" (Linn Records) gab Sooloos jedenfalls wieder (mit 24 Bit und 96 kHz aufgenommen).

Auch das Rippen größerer Mengen von CDs ist am Computer möglich - sofern nicht der Händler diese Aufgabe übernimmt. Audio Reference, der deutsche Vertrieb, spendiert Neukunden den Import von 250 CDs, zusätzliche Alben schlagen mit je einem Euro zu Buche. Besitzer einer großen Sammlung können also selbst ausrechnen, ab wann sich die Anschaffung einer weiteren Sooloos-Komponente lohnt: der Rip-Station Import Four (5480 Euro), die bis zu 120 CDs auf einen Satz mit einem Tempo von 30 bis 40 Scheiben pro Minute einliest.

Zum Vergleich: Im Laufwerk des Control 10 braucht eine fabrikneue CD etwa fünf Minuten, zerkratzte Exemplare auch länger, weil Sooloos mit der Rip-Software Exact Audio Copy (EAC) arbeitet, die fehlerhafte Blöcke so oft liest, bis alle Daten sicher auf der Festplatte gelandet sind. Die gerippte FLAC-Kopie im Server ist bei älteren CDs also von höherer Qualität als das live vom Laser abgetastete Original.

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Während der Wiedergabe eines Musiktitels schaltet Sooloos nach einiger zeit auf Vollbildanzeige des Covers um.
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Für die Wiedergabe im iPod oder auf anderen mobilen Playern erzeugt das System selbst MP3-Versionen der Songs und legt sie in einem Ordner ab. Auf Wunsch wandern sie sofort in die iTunes-Bibliothek eines Computers, wo sie der weiteren Verwendung harren.

Einziger Kritikpunkt an diesem automatisierten Verfahren: Die Datenrate der exportierten MP3s beträgt nur 192 Kilobit pro Sekunde und lässt sich vom Nutzer nicht ändern. Wer Tausende von Euro für optimalen Klang ausgibt, der möchte vielleicht auch unterwegs Musik in bester Qualität und damit höherer Datenrate genießen.

Der Klang verlustfrei gerippter Musik lässt hingegen kaum Wünsche offen. Gegen das CD-Original im High-End-Player Ayre CX 7e MP (Test in stereoplay 6/09) spielte der Meridian mit vitaler, fast schon körperhafter Präsenz an. Die Sänger im Bach-Ensemble von Joshua Rifkin (Editions de l'Oiseau-Lyre) schienen einen Schritt auf den Hörer zuzutreten und noch klarer zu akzentuieren. Lediglich die feinere Modulation der Frauenstimme sicherte dem Ayre am Ende einen knappen Vorsprung.

Neben dem teureren Netzwerker Linn Akurate DS (5200 Euro, 2/08) klang Sooloos eine Spur weniger transparent. Im Regenrauschen von Jack Johnsons "Banana Pancakes" ("In Between Dreams") perlten über den Linn einfach mehr und feinere Wassertropfen. Mit 63 Punkten kommt Meridian aber ganz nah an den britischen Konkurrenten heran.

Frank-Oliver Grün
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Fazit

Für sich genommen ist die Client/Server-Kombination Ensemble ein vollwertiges Musiksystem mit Festplatte, das sich über ein Heimnetzwerk vom PC oder iPhone/iPod Touch aus bedienen lässt - und ein sehr gut klingenden Musiksystem dazu. Richtig Spaß macht Sooloos allerdings erst mit dem Steuerpult Control 10. Die Kombination aus umfangreichen Album-Informationen, den so genannten Metadaten, und intuitiver Bedienung sucht in der Branche ihresgleichen. Wer eine Anschaffung von Sooloos plant, der sollte den stolzen Preis für diesen Touchscreen am besten gleich mit einkalkulieren. Er wird es nicht bereuen.  Der Autor und jeder stereoplay-Kollege, der den Control 10 bedienen durfte, mochten sich nur schwer wieder von ihm trennen.

Lexikon

Client Der eigentliche Netzwerk-Player, der wie eine Stereokomponente mit der Anlage verbunden wird. Sooloos umfasst zwei Modelle: Source One (4200 Euro) mit Tonausgängen für eine Hörzone und Source  Five (5250 Euro) mit fünf Ausgängen für mehrere Räume. Außerdem gibt es das Kombigerät Ensemble aus diesem Test. Es vereint einen Client mit vier Ausgängen und den Musik-Server in einem Gehäuse.

Router Das Stellwerk in jedem Computer-Netz dient auch Sooloos als Datendrehscheibe. Zudem stellt der Router die Verbindung ins Internet her - zum Abruf von Titelinformationen und Coverabbildungen oder für Software-Updates.

Server Die Musik von Sooloos ist auf einer oder mehreren Festplatten gespeichert. Das Kombigerät Ensemble mit integriertem Client bietet 1 Terabyte Platz. Das Modell Twinstore (3370 Euro) ebenfalls, legt auf einer zweiten Platte aber Sicherungskopien der Daten an. Für mehr Speicher lassen sich beliebig viele Server im Netzwerk kombinieren.

Switch Damit nicht jedes Sooloos-Gerät direkt mit dem Router verbunden sein muss, haben Source One und Source Five einen so genannten Switch mit vier Netzwerkbuchsen eingebaut. Er dient als digitale Mehrfachsteckdose: Die Sooloos-Komponenten lassen sich damit zusammenschalten.

Meridian Ensemble + Control Ten

Meridian Ensemble + Control Ten
Hersteller Meridian
Preis 9300.00 €
Wertung 64.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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