Testbericht
Netzwerkplayer Linn Sneaky DS
Neuester Digital-Coup aus Glasgow: Linn Sneaky Music DS (1500 Euro), ein Netzwerkplayer mit integriertem Endverstärker.
- Netzwerkplayer Linn Sneaky DS
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- Datenblatt
Wären die Ingenieure der schottischen High-End-Schmiede Linn Mathematiker, hätten sie wohl dem gängigen Lehrplan die "Linntegralrechnung" hinzugefügt. Aktuelles Rechenbeispiel: Man nehme die aktuelle Netzwerk-Linie, subtrahiere das aufwendige Gehäuse und einige teure Innereien, addiere Features und eine Endstufe und erhalte in der Summe einen kompakten Netzwerkplayer, der nur noch mit digitalen Daten am vorderen und Lautsprechern am hinteren Ende versorgt werden muss.
Fertig ist die Laube, sagt der leicht versnobte Brite und stellt den Sneaky Music DS in selbige - schließlich gehört der Netzwerkplayer offiziell zu Linns Multiroom-Linie. Was nicht heißen soll, der Sneaky DS tauge nur für "abseitige" Beschallung. Im Gegenteil: Was das kleine, gerade mal 4,5 cm hohe und 35 cm breite Federgewicht an den Ausgängen bereit stellt, hat Zeug zum Schwergewichts-Champion.
Beraubt man den Sneaky seiner U-profilierten Abdeckplatte, fällt sofort die hohe Integrationsdichte der Platine auf. Dort tummelt sich auf engstem Raum aktuelle Netzwerkplayer-Technik. Der Virtex-4-Chip ist stereoplay schon aus den Vorgängermodellen Akurate DS und Klimax DS bekannt (Test 2/08). Hier sitzt das Herz der Player, die Software - entscheidend dafür, was die Player letztendlich können. Im Falle des Sneaky heißt das: Er versteht die Dateiformate WAV, FLAC und MP3, verarbeitet Samplingraten von 7,35 bis 192 Kilohertz und Bittiefen von 16 bis 24 Bit.
Weiter "hinten" auf der Platine sitzt ein D/A-Wandler von Wolfson, der WM 8740 - der einfachere Bruder des Konverters 8741, den Linn im Akurate/Klimax DS einsetzt. Auch im Sneaky hält Linn übrigens wieder an ihrer Einstellung fest, keine digitalen Eingänge anzubieten. Dafür zieren den jüngsten Spross aber jetzt ein optischer und ein koaxialer Digitalausgang.
Anschluss finden beim Sneaky Music DS jetzt auch Lautsprecher. Die mit 2 x 20 Watt spezifizierte Endstufe (TDA 7293 von ST Microelectronics) sollte am besten mit wirkungsgradstarken Schallwandlern zusammenarbeiten, sonst spricht bei höheren Lautstärken schnell die Schutzschaltung an. Wer den Sneaky nur als reine "Quelle" betreiben will, sollte sich bewusst sein, dass der Player eine integrierte digitale Lautstärkeregelung hat. Die steht zum Endstufen- und Ohrenschutz auf 50 von 100 Punkten - wer das im Vorverstärker-Betrieb so lässt, verschenkt Qualität und Rauschabstand. Das "Unity-Gain" liegt, wie bei Linn üblich, bei Stellung "80" - dann verhält sich der Sneaky an den Cinch-ausgängen wie jede andere Hochpegelquelle. Eingestellt wird die Einschalt-Lautstärke per mitgelieferter Konfigurations-Software (mit der sich der Sneaky sogar für Bi-Amping mit einer zusätzlichen, externen Endstufe einpegeln lässt).
Neue Wege beschreitet Linn auch verkaufstechnisch: Zum ersten Mal bieten die Schotten ein Gerät auch ohne Händlerinstallation an. Preisunterschied: 1500 gegenüber 1750 Euro. Im stereoplay-Hörtest musste der Sneaky Music DS gleich gegen einen ganz Großen antreten, den Ayre C 5 XE (6/08). Dass die Tester ihn zuerst gegen einen CD/SACD-Player und nicht gegen die eigene Zunft antreten ließen, hatte einen einfachen Grund: Sie wollten die Fähigkeiten zur Wiedergabe hochauflösender Inhalte am hervorragenden SACD-Klang des Ayre messen. Die beiden arbeiteten sich also Stück für Stück die "Format-Leiter" hoch.
Mit CD (Jack Johnson, "Inaudible Melodies") verlieh der Sneaky der Gitarre einen kompakteren Korpus, ließ sie nicht ganz so anspringend tönen wie der Ayre. Der zog die Saiten etwas deutlicher auseinander, agierte druckvoller und differenzierter, arbeitete leise Übergänge in der Stimme von Jack Johnson besser heraus und zeichnete einen größeren Raum. Bei Barb Jungr ("Who Do You Love") spielte sich der Sneaky in der 24-Bit-Liga schon mal warm und ließ mit einer etwas kantigeren Gesangsstimme etwas das Flair vermissen, das der Ayre der Jazz-Sängerin geben konnte. Mit Carol Kidds "I'll Be Tired Of You" wurden die Unterschiede noch deutlicher: eine entspanntere Stimme, ein eigenständigerer Bass und ein rhythmischeres Piano sprachen für den Ayre. Überrascht war stereoplay aber dennoch, wie weit der Sneaky Music DS bei einem Preisunterschied von über 5000 Euro mithalten konnte.
Preislich und auch konstruktionstechnisch deutlich näher kam der Sneaky dem zweiten Konkurrenten im Ring: dem T+A MP 1250 R (5/08). Nur 1000 Euro trennen die beiden Netzwerkplayer - wie nahe aber liegen sie sich klanglich? Dieser Teil des Tests musste sich auf gerippte CD-Kost beschränken, denn der T+A versteht sich nicht auf Hochbit-Downloads.
Die beiden lieferten sich ein spannendes Match, durchaus auf Augenhöhe. Der T+A war - auch bedingt durch seine umschaltbaren Filtercharakteristiken - der klar zeichnendere, analytischere der beiden. Der Linn spielte gefälliger, etwas weicher und runder - die Tester formulierten es bei einem Musikstück mit akustischer Gitarre so: "Der T+A hat viel Saiten und wenig Korpus." Will heißen: Es ist letztlich eine Geschmacksfrage, für welchen Player man sich entscheidet - auch, für welche Bedienphilosophie.
Bleibt noch die Frage, wie gut der Sneaky Music DS im Stand-alone-Betrieb klingt - also komplett mit den eigenen Endstufen. "Gar nicht schlecht, die Dinger" war der überraschte Ausruf eines Testers. Und tatsächlich: Die Wiedergabe geriet zwar etwas dunkler als über die Vor/Endverstärker-Referenzen von Thorens, hatte aber einen schönen musikalischen Fluss, klang angenehm entspannt - da fiel nichts auseinander, sondern war alles in sich stimmig - "linntegrativ" sozusagen.
Insofern ist auch die "Linntegral-Rechnung" der Schotten aufgegangen: ein kompakter, schnuckeliger Netzwerkplayer zu einem attraktiven Preis, der mehr ist als ein Einstieg in die digitale Welt der vernetzten Musik und wirklich nicht in der Gartenlaube sein Dasein fristen sollte.
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