Testbericht
Standlautsprecher B&W 802 Diamond
Von außen kaum zu sehen: Nach fünfjähriger Bauzeit hat B&W seine legendäre 802 Diamond (14000 Euro) technisch und klanglich gewaltig verbessert.
- Standlautsprecher B&W 802 Diamond
- Neuer Diamanthochtöner
- Neue Tieftöner
- Datenblatt
Wenn Bowers und Wilkins seine 800er-Serie erneuert, dann hält die Boxenwelt den Atem an. Nicht zuletzt, weil die Modellzyklen bei der britischen Traditionsfirma - sehr zur Freude der Fangemeinde - branchenuntypisch lang ausfallen. Geradezu als Geniestreich erwiesen sich die beim vorletzten Generationswechsel im Jahre 1998 eingeführten tropfenförmigen Gehäuse für Mittel- und Hochtöner, die auch in der brandneuen Version weitgehend unverändert blieben.
Sieben Jahre später folgte die nächste, bis vor kurzem aktuelle Generation, die den größeren Modellen einen Diamanthochtöner bescherte. Der lässt herkömmlichen Hartkalotten in Sachen Bandbreite und Resonanzarmut keine Chance. Da sein lupenreiner Klang hervorragend ankam, lautete die Devise seitdem "Diamant für alle", von der kompakten 805 über die beiden Center-Lautsprecher bis hinauf zum Topmodell namens 800, die nun alle den Zusatz "Diamond" tragen.
Das kommerziell erfolgreichste Modell der Serie ist seit jeher die 802 und dieser Trend dürfte sich weiter verstärken. Denn statt bisher drei gibt es nur noch zwei Modelle mit dem klanglich so vorteilhaften separaten Mitteltongehäuse; eben die Modelle 802 und 800. Die 801 mit dem dicken 38er Solotieftöner (Spitzname "Waschmaschine") entfällt.
Doch was hat sich nun konkret bei der 802 getan? Äußerlich künden dezente, silberfarbene Zierringe und Chassisabdeckungen mit unsichtbaren Halterungen von der Überarbeitung. Die Membranmaterialien sind dieselben wie bisher: Diamant und Kevlar für Höhen und Mitten, Rohacell-Schaum im Bass.
Einen Schreck könnten B&W-Fans beim Blick auf die Preisliste kriegen, denn mit paarweise 14000 Euro ist die Diamond jetzt auf den ersten Blick 1400 Euro teurer. Doch das täuscht, denn die bislang kostenpflichtigen Optionen "Klavierlack" und "Spikeset" gibt's ab sofort ohne Aufpreis (früher 3032 Euro).
Die wichtigsten Neuerungen stecken im Inneren, genauer gesagt in den Antriebsystemen. Während der Mitteltonkonus lediglich partiell verfeinert wurde, erhielten Hoch- und Tieftöner neue Antriebe mit aufwendigen Mehrfachmagneten. Mehr dazu in den Kästen auf dieser und der Seite davor.
Im Zuge der Überarbeitung erhielt die Frequenzweiche nochmals edlere Kondensatoren vom Kölner Spezialisten Mundorf. Das Bi-Wiring-fähige Anschlussterminal wurde ebenfalls erneuert und verwendet nun Klemmen und Brücken aus sauerstofffreiem Kupfer.
Die traditionell stark nachgefragte 802 gilt in der Szene als feste Größe. Auch die Tester kennen und schätzen das unverwechselbare Tonmöbel seit vielen Jahren. Schon beim letzten Generationswechsel vor fünf Jahren schwärmte das Kollegium von der Rasse und Rundheit der damals taufrischen dritten Generation.
Wer nun spekuliert, die 802 des Jahres 2010 sei ein nur wenig verfeinerter Aufguss einer in die Jahre gekommenen Idee, irrt. Die neue Diamond verschafft ihm ein Schlüsselerlebnis nach dem anderen. Wie schon bei den Modellwechseln zuvor liegen die größten Veränderungen in den Bereichen Spielfreude und Feindynamik. Gleichzeitig aber erstaunt ein dramatischer Zuwachs an Authentizität und Natürlichkeit.
Während die Version von 2005 bei aller Lebendigkeit sich auch eine Spur symphatischer Gemütlichkeit leistete, konnte die neue Diamond Klänge aus dem Nichts heraus explosionsartig aufbauen, ohne harsch oder lästig zu werden.
Spielwitz und Genauigkeit sind grandios
Die Tester wollten die Abwesenheit der für Mehrwegeboxen typischen Verdeckungseffekte zunächst selbst kaum glauben und malträtierten die neue 802 mit allem, was die hauseigene Plattensammlung an Gemeinheiten nur hergibt. Ob Schätzchen aus den wilden 80ern, oder jüngere Einspielungen zum Einsatz kamen, war nahezu egal. Die Diamond offenbarte nie gehörte Details und glänzte mit einer Über-Alles-Homogenität, die einer 20000 Euro teuren Magico V 2 (Heft 10/2009) beängstigend nahe kam.
Die Norwegische Sängerin Kristin Asbjornsen hätte unter Garantie ihre helle Freude an der Art und Weise, wie hingebungsvoll und glockenrein die 802 ihr jazziges Album "The Night Shines Like The Day" (Universal Music) zum Klingen brachte. Man sah je Seite vier einzelne Chassis, hatte aber stets das Gefühl, nur einer Schallquelle zu lauschen. Das wird der 802 Diamond so schnell keiner nachmachen.
Aus dem Messlabor
Die Neuabstimmung von Sicke und Membran verhilft der Diamantkalotte zu einer breiteren, weniger winkelabhängigen Abstrahlung am oberen Ende des Übertragungsbereichs. Laut Hersteller soll dies die räumliche Abbildung fördern. Die Messungen zeigen, dass der neue Hochtöner (hellblaue Kurve) 30 Grad seitlich zur Hauptachse tatsächlich mehr Energie liefert als sein Vorgänger aus dem Jahre 2005.
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